Future piece II1997In this breathing work, the artist sits down in a given space and blows transparent balloons until the surrounding space is filled with his breath. Neon tubes are installed in the corners of the room. The inflating noises are amplified with a singing insert and a slightly prolonging reverberation. If necessary, the background noise is transmitted to another room, including an outside room.
The balloons are then left free. The balloons are then moved from their particular shape to an indefinite one. The artist's breath was thus spread over the city.
Zukunftsstück II1997Bei dieser Atemarbeit setzt sich der Künstler in einen gegebenen Raum und bläst transparente Luftballons auf, bis der Umraum mit seinem Atem gefüllt ist. In den Ecken des Raumes werden Neonröhren installiert. Die Aufblasgeräusche werden mit einer Gesangseinlage verstärkt und einem leicht verlängernden Hall versehen. Die Geräuschkulisse wird gegebenenfalls in einen anderen Raum, auch Außenraum, übertragen.
Anschließend werden die Ballons frei gelassen. Von ihrer bestimmten in eine unbestimmte Form gebracht. Der Atem des Künstlers verteilte sich so über die Stadt.
Ralf Berger in conversation at I3. May 1997
Michael Krajewski: What are you going to do in the "windows 1997" container?
Ralf Berger: I have the concept of sitting in the container and inflating balloons. As soon as the container is full, the work will be finished.
M.K.: Are you interested in high-performance sports?
R.B.: No, not at all. I'm not interested in a certain result, but in the work, the process in its entirety - with a defined beginning and end. Whether this end lies in the fact that the container is actually full is then irrelevant. This works like a passe-partout between picture and frame. It is interesting for the audience to observe the situation of a person sitting there, blowing up balloons and trying to make it.
M.K.: Don't you want to achieve a sculptural effect?
R.B.: Of course, I'm interested in a sculptural concept, which I want to develop with it. This is an abstract way of dealing with sculpture. When I think about sculpture, I deal with abstract concepts - such as space, time, movement - and this is how abstract sculptures are created. In this way I develop a concept that is sculpture in the original sense.
M.K.: There's someone sitting who produces something, blows it up and then slowly drowns in it. Can you imagine that this work can also be understood scenically - as a play, as an action, as a story?
R.B.: If you experience it, in any case. Art is not a mathematical arithmetic problem with a result, but - to put it theatrically - a mystery that wants to be experienced. This applies to art as well as to life. My work is also designed in this sense. What ultimately remains is an experience in the "observer". Such a transient event can be so strong emotionally that it enters the life of the soul like a kind of psychic apostrophe, and can be so much more existent than a steel sculpture. I want to emotionally and intellectually engage viewers.
M.K.: The artist fills the room with his breath, he breathes his artistic idea into an object. Is this analogy too banal?
R.B.: No, not at all. That's how it is. I came to the balloon at that time because it ideally corresponded to my idea of sculpture. I have always dealt with cosmology, even as a young boy. Then you very quickly come to the conclusion that the basis of everything is actually nothing and that reality seems to be a vision of Oberfläche . This ideally embodies a balloon. Somebody blows up this thing, which exists for a while, until the breath diffuses again into the outside space.
M.K.: Why do you call the work "Zukunftsstück II"?
R.B.: The work was one of my first artistic expressions after I had been accepted into a class at the Düsseldorf Art Academy. I started as a student and drew a line with a number of other such works. At that time it was a vision of my artistic future: every balloon was a work. "Zukunftsstück" is the first work that I realize a second time. With the interval of a few years I now feel able for the first time to try out a new concept. Today, as a freelance artist who is no longer at the academy, I am starting anew with this work and drawing another line. It is also called a "future piece" because, among other things, it is about conscious dealing with the past - about the fact that the future lies in the past in a strange way. So when I have filled the container, this space, with my breath, what remains is a heap of the past. I drown in my past, so to speak, to finally leave it behind me, to liberate myself from it by visualizing it. Such a work cannot be experienced at short notice, it eludes the speed of everyday life - just to check out what's going on and forget it just as quickly. Whoever gets involved gets into this whirlpool. I am firmly convinced of that.
(From the catalogue for the exhibition "windows 97" at the Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, Düsseldorf)
Ralf Berger im Gespräch am I3. Mai 1997
Michael Krajewski: Was wirst du im „windows 1997”-Container machen?
Ralf Berger: Ich habe das Konzept, mich in den Container zu setzen und Luftballons aufzublasen. Sobald der Container voll ist, wird die Arbeit beendet sein.
M.K.: Geht es dir dabei um Hochleistungssport?
R.B.: Nein, überhaupt nicht. Es geht mir nicht um ein bestimmtes Ergebnis, sondern um die Arbeit, den Prozeß in seiner Gesamtheit - mit definiertem Anfang und Ende. Ob dieses Ende darin liegt, daß der Container tatsächlich voll ist, ist dann nicht relevant. Das funktioniert wie ein Passepartout zwischen Bild und Rahmen. Interessant ist es für das Publikum, die Situation eines Menschen zu beobachten, der dort sitzt, Ballons aufbläst und es zu schaffen versucht.
M.K.: Willst du damit keine skulpturale Wirkung erreichen?
R.B.: Natürlich geht es mir um einen skulpturalen Begriff, den ich mir damit erarbeiten will. Dabei handelt es sich um einen abstrakten Umgang mit Skulptur. Wenn ich über Skulptur nachdenke, gehe ich mit abstrakten Begriffen um - wie Raum, Zeit, Bewegung -, und so kommen auch abstrakte Skulpturen zustande. So entwickle ich ein Konzept, das im ursprünglichen Sinne Skulptur ist.
M.K.: Da sitzt jemand, der etwas hervorbringt, aufbläst und dann langsam darin ertrinkt. Kannst du dir vorstellen, daß man diese Arbeit auch szenisch — als Theaterstück, als Handlung, als Geschichte — begreifen kann?
R.B.: Wenn man es erlebt, auf jeden Fall. Kunst ist eben keine mathematische Rechenaufgabe mit einem Ergebnis, sondern - ganz theatralisch formuliert - ein Mysterium, das erlebt werden will. Das gilt für die Kunst wie für das Leben. In diesem Sinne ist auch meine Arbeit angelegt. Was letztendlich übrigbleibt, ist ein Erlebnis im „Betrachter”. Solch ein vergängliches Ereignis kann emotional so stark sein, daß es sich wie eine Art psychisches Apostroph ins Seelenleben einträgt, und kann so viel existenter sein als etwa eine Stahlskulptur. Ich möchte Zuschauer emotional und intellektuell packen.
M.K.: Der Künstler füllt mit seinem Atem den Raum, er haucht einem Gegenstand seine künstlerische Idee ein. Ist diese Analogie zu banal?
R.B.: Nein, überhaupt nicht. So ist es. Ich bin damals zum Luftballon gekommen, weil er in idealer Weise meiner Vorstellung von Skulptur entsprach. Ich habe mich immer mit Kosmologie beschäftigt, schon als kleiner junge. Man kommt dann sehr schnell darauf, daß die Grundlage von allem eigentlich das Nichts ist und Realität eine Vision von Oberfläche zu sein scheint. Das verkörpert ideal ein Ballon. jemand bläst kraft seiner Energie dieses Ding auf, das eine Zeitlang existiert, bis der Atem wieder in den Außenraum diffundiert.
M.K.: Warum nennst du die Arbeit „Zukunftsstück II”?
R.B.: Die Arbeit gehört zu meinen ersten künstlerischen Äußerungen, nachdem ich in eine Klasse an der Kunstakademie Düsseldorf aufgenommen worden war. Ich habe damit damals als Student angesetzt und mit einer Reihe weiterer solcher Arbeiten eine Linie gezogen. Damals war es eine Vision meiner künstlerischen Zukunft: jeder Ballon eine Arbeit. „Zukunftsstück” ist die erste Arbeit, die ich ein zweites Mal realisiere. Mit dem Abstand von einigen Jahren fühle ich mich jetzt zum ersten Mal fähig, ein ätleres Konzept neu auszuprobieren. So setze ich heute als freier Künstler, der nicht mehr auf der Akademie ist, mit dieser Arbeit wieder neu an und ziehe eine weitere Linie. Sie heißt auch deshalb „Zukunftsstück”, weil es darin unter anderem um bewußten Umgang mit Vergangenheit geht - darum, daß Zukunft auf sonderbare Weise in der Vergangenheit liegt. Wenn ich also den Container, diesen Raum, mit meinem Atem gefüllt habe, ist das, was übrigbleibt, ein Haufen Vergangenheit. Ich ertrinke sozusagen in meiner Vergangenheit, um sie letztendlich hinter mir zu lassen, mich von ihr zu befreien, indem ich sie vergegenwärtige. Eine solche Arbeit ist nicht kurzfristig erlebbar, entzieht sich der Schnelligkeit des Alltags - mal eben abzuchecken, was los ist, um es genauso schnell wieder zu vergessen. Wer sich darauf einläßt, gerät in diesen Strudel. Davon bin ich fest überzeugt.
(Aus dem Katalog zur Ausstellung "windows 97" im Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, Düsseldorf)
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